
Der Philosophische Montag
Mit Dr. Gerd Grübler
Der Philosophische Montag ist ein neues Veranstaltungsformat der Arbeitsstelle für Lessingrezeption. In der Regel am letzten Montag des Monats werden wir gemeinsam philosophische Themen und Texte mit aktuellem Bezug vorstellen, diskutieren und weiterdenken. Die Veranstaltung möchte interaktiver sein als das bei reinen Vorträgen der Fall sein kann. Wir möchten ausdrücklich Teilnehmer mit verschieden stark ausgeprägtem Engagement für die Veranstaltung ansprechen: Willkommen ist, wer nur zuhören möchte, wer über das Gehörte mitdiskutieren möchte, wer zur Vorbereitung Texte lesen möchte, wer selbst ein Thema vorstellen möchte. Die Arbeitsstelle wird die einzelnen Themen jeweils in einen größeren Zusammenhang einordnen und anmoderieren.
Für das Jahr 2025 wird die Veranstaltungsreihe unter der Überschrift Populismus und Aufklärung stehen. Damit hoffen wir, einen aktuellen Rahmen gesteckt zu haben, innerhalb dessen wir uns mit dem Spannungsfeld zwischen Politik, Wissen und Gefühl beschäftigen können. Dazu werden im Austausch mit den Teilnehmern einzelne Themen aus dem Bereich der politischen Philosophie, der Erkenntnistheorie, der Ethik und Sozialphilosophie sowie auch Themen aus dem Bereich der Psychologie benannt werden.
#7 | Wissen, Meinung und Lüge in der Politik
Mit Kants Schrift zur Frage, was denn Aufklärung überhaupt sei, hat die Diskussion um Populismus und Aufklärung wieder einen festeren Grund gewonnen. Der Verstand, so hatte Kant argumentiert, stehe jedem zur Verfügung und seine Anwendung gebe der Suche nach dem Richtigen eine Methode und führe zu mehr Aufklärung. Zudem fanden wir bei Kant auch das psychologische Moment wieder bzw. vorweggenommen: Es brauche eben Mut, sich seines Verstandes zu bedienen. Und dennoch warf auch Kants Schrift erneut Fragen auf: Der Verstand wird bei Kant als das Vermögen verstanden, unsere sinnlichen Erfahrungen begrifflich zu erfassen und zu ordnen. Insofern wird er als universelle Fähigkeit verstanden, die allen Menschen gleichermaßen eignet. In unserem Text hieß es aber: »Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.« Die Diskussion drehte sich dann u. a. darum, ob dies auf eine individualistische Note des Verstandes in jedem einzelnen Menschen hinweisen soll; oder eher darauf, dass sich jeder einzelne selbst darauf besinnen muss, dass er oder sie am universellen Verstand Anteil hat. Kant wies zur Lösung der Schwierigkeit selbst schon die Richtung: Es sei der öffentliche Gebrauch des Verstandes, der in der Auseinandersetzung von Sachverständigen vor einem Publikum das Wissen nach und nach verbessere. Aufklärung geschieht also kommunikativ, indem die individuellen Blickpunkte einander informieren, korrigieren und letztlich konvergieren.
Die Diskussion wandte sich dann der Anwendung auf die Gegenwart zu, wobei festgestellt werden musste, dass das Kant’sche Kriterium für das Bestehen einer kritischen Öffentlichkeit, dass nämlich jeweils gleichermaßen Sachverständige zu einem Thema Stellung beziehen, in Zeiten weitestgehend ungeregelter und zersplitternder medialer Öffentlichkeiten nicht mehr gegeben ist. Man kann diese Situation, in der annähernd jeder alles überall veröffentlichen kann, als Zuwachs an Freiheit und Demokratie sehen. Die Kehrseite davon ist, dass sachlich wohlbegründete Kritik dann nicht mehr als solche durchdringen kann, sondern entweder als Meinung unter Meinungen oder, drastischer, als diktatorischer Eingriff in die Freiheit des Wortes kategorisiert wird. Die Unsicherheit, die das mit sich bringt, zeigt sich u.a. immer dann, wenn Personen von Veranstaltern nicht eigeladen oder wieder ausgeladen werden. Ist dies dann antiaufklärerisch, weil Positionen böswillig unterdrückt werden? Oder ist es aufgeklärt, weil man unqualifizierten oder widerlegten Positionen vernünftigerweise keinen Raum mehr gibt? Beides scheint vorzukommen und es wäre lohnend, sich über den Unterschied zu verständigen. Vorgeschlagen wurde, das anhand eines konkreten Anwendungsfalles, nämlich dem Text der Dritten Kamenzer Rede, einmal aufzuzeigen und durchzuspielen, was wir uns für eine der nächsten Sitzungen vornehmen können.
Zunächst aber werden wir uns mit einem Auszug aus Hannah Arendts Text über Wahrheit und Lüge in der Politik beschäftigen, um im Anschluss an Kant verschiedene Formen von Argumenten und Wahrheitsansprüchen im öffentlichen Raum zu betrachten und zu fragen, ob oder wie diese überhaupt in der Politik eine Rolle spielen können.
Ort & Zeit
28. Juli 2025, 18 Uhr
Galerie im Sakralmuseum
Der Eintritt ist frei, bitte beachten Sie den neuen Veranstaltungsort!
Der nächste Termin: 25. August 2025