
Der Philosophische Montag
Mit Dr. Gerd Grübler
Der Philosophische Montag ist ein neues Veranstaltungsformat der Arbeitsstelle für Lessingrezeption. In der Regel am letzten Montag des Monats werden wir gemeinsam philosophische Themen und Texte mit aktuellem Bezug vorstellen, diskutieren und weiterdenken. Die Veranstaltung möchte interaktiver sein als das bei reinen Vorträgen der Fall sein kann. Wir möchten ausdrücklich Teilnehmer mit verschieden stark ausgeprägtem Engagement für die Veranstaltung ansprechen: Willkommen ist, wer nur zuhören möchte, wer über das Gehörte mitdiskutieren möchte, wer zur Vorbereitung Texte lesen möchte, wer selbst ein Thema vorstellen möchte. Die Arbeitsstelle wird die einzelnen Themen jeweils in einen größeren Zusammenhang einordnen und anmoderieren.
Für das Jahr 2025 wird die Veranstaltungsreihe unter der Überschrift Populismus und Aufklärung stehen. Damit hoffen wir, einen aktuellen Rahmen gesteckt zu haben, innerhalb dessen wir uns mit dem Spannungsfeld zwischen Politik, Wissen und Gefühl beschäftigen können. Dazu werden im Austausch mit den Teilnehmern einzelne Themen aus dem Bereich der politischen Philosophie, der Erkenntnistheorie, der Ethik und Sozialphilosophie sowie auch Themen aus dem Bereich der Psychologie benannt werden.
#5 | Die Unvernunft der Vernunft
Nachdem sich unser Blick auf die Konstellation von Populismus und Aufklärung insofern geweitet hatte, dass die Vernunft, die man dem Populismus entgegenhalten muss, eher im Prozess einer ‚offenen Gesellschaft‘ zu suchen ist als in endgültigen Wahrheiten und idealen Endzuständen, hat sich uns die Frage nach der Rolle psychologischer Mechanismen aufgedrängt. Wie kommt es, dass verschiedene Menschen mit den Möglichkeiten, aber eben auch den Lasten der Freiheit in modernen Gesellschaften so unterschiedlich umgehen?
Mit Erich Fromm hatten wir die heute vordergründig politischen Konstellationen mit der grundsätzlichen Situation des Menschen in der Welt ins Verhältnis gesetzt. Das Herauswachsen aus primären Bindungen, so hatte Fromm argumentiert, ist einerseits befreiend und ermöglicht persönliches Wachstum; andererseits führt es zu Verunsicherungen aller Art. Drei psychologische Flucht-Mechanismen wurden von ihm benannt, die von den Menschen genutzt werden, um der Freiheit auszuweichen: Autoritarismus, Destruktivität und Konformismus. Alternativ sei ein ‚produktiver‘ Umgang mit der Freiheit möglich, der zu einer authentischen, individuellen Reifung führe. Das dazu passende Konzept von Vernunft wurde von Fromm um Aspekte erweitert, die einer rationalistischen oder instrumentellen Verengung des Denkens entgegenwirken sollen, und in deren Zentrum ein universelles Wohlwollen (‚Liebe‘) steht.
Dies gilt es näher zu verstehen und auszubauen. Dazu werden wir uns mit einigen frühen Arbeiten Eugen Drewermanns befassen, in denen Fromms Gedanken weiterentwickelt und konkretisiert wurden. Zugleich ist Drewermann für die Leitthematik der Veranstaltungsreihe eine sehr interessante Figur, zeigen sich an ihm doch einerseits Legitimität und Fruchtbarkeit der Einbeziehung des Irrationalen im Menschen. Damit steht er in einer Tradition mit Schopenhauer, Klages oder Freud. Andererseits fällt Drewermanns Aufgabe seines ruhigen, klar argumentierenden Stils zugunsten eifernder und pauschal behauptender Beiträge in jünger Vergangenheit auf. Lassen sich daran wiederum Grenzen und Gefahren der Vernunftkritik ablesen?
Ort & Zeit
26. Mai 2025, 18 Uhr
Galerie im Sakralmuseum
Der Eintritt ist frei, bitte beachten Sie den neuen Veranstaltungsort!
Der nächste Termin: 30. Juni